Die kwg verabschiedet sich von Erdwärme-Pilotprojekt in Sarstedt
An der Heimgartenstraße wollte die Kreiswohnbaugesellschaft ein „Ausrufezeichen“ setzen. Doch weil das Grundwasser im Erdreich nicht schnell genug fließt, wird daraus nichts.
Die kwg wollte in ihren Mehrfamilienhäusern an der Heimgartenstraße ein Erdwärme-Projekt realisieren – jetzt muss sie umplanen.
Foto: Tarek Abu Ajamieh
von Jan Linkersdörfer
Sarstedt. Die Kreiswohnbaugesellschaft (kwg) muss sich von ihrem Erdwärme-Pilotprojekt in Sarstedt verabschieden. Ursprünglich hatte die kwg geplant, künftig mehrere ihrer Wohnblöcke an der Heimgartenstraße im Stadtteil Giebelstieg über „Energiepfähle“ mit Wärme aus dem Erdreich zu heizen. Doch daraus wird nichts: Eine Machbarkeitsstudie habe ergeben, dass die Bedingungen dafür an diesem Standort nicht gegeben sind, teilt Stefan Mai von der kwg in Sarstedt mit. Experten hätten bei Probebohrungen und Pumpversuchen herausgefunden, „dass die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers nicht ausreicht“, erklärt Mai. Die ursprünglich in Sarstedt vorgesehenen Energiepfähle, auch High-Energy-Poles genannt, werden etwa 30 Meter tief in die Erde gebohrt. Dort ziehen sie Wärmeenergie, unter anderem aus dem Grundwasser. Pumpen transportieren diese Energie an die Oberfläche, wo sie zum Heizen genutzt werden kann. „In diesem Bereich tut sich aber leider nicht allzu viel unter der Erde.“ Um ihre 175 Wohnungen an der Heimgartenstraße ausreichend mit Erdwärmeversorgen zu können, hätte die kwg deutlich mehr Energiepfähle einsetzen müssen als geplant, sagt Mai. „Das war wirtschaftlich nicht darstellbar – und auch platztechnisch ein Problem.“ Auch in tiefere Erdschichten vorzudringen sei keine Option gewesen, weil es für diesen Bereich eine Bohrtiefenbeschränkung des Landesamtes für Bergbau gebe. Dabei sahen erste Voruntersuchungen im vergangenen Jahr offenbar noch vielversprechend aus.
kwg-Chef Matthias Kaufmann sprach von einem Pilotprojekt, mit dem das Immobilien-Unternehmen Erkenntnisse für weitere Vorhaben dieser Art im Landkreis Hildesheim sammeln wolle. Das Geothermie-Vorhaben in Sarstedt sollte ein erstes „Ausrufezeichen“ sein, ehe die kwg die Abkehr von fossilen Brennstoffen voraussichtlich ab dem Jahr 2030 konzentriert vorantreiben will. Doch die kwg hat für Sarstedt bereits einen neuen Plan parat: Statt mit Geothermie will sie die Wohnblöcke jetzt über eine große Luft-Wasser Wärmepumpe mit Wärme versorgen. Die nutzt Energie aus der Außenluft, die sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen genutzt werden kann – eine umweltfreundliche Alternative zu Öl- und Gasheizungen. Einen genauen Terminplan gebe es noch nicht, sagt Mai: „Durch die notwendige Veränderung des Konzeptes ist es zu Verzögerungen gekommen.“ Außerdem hofft die kwg auf Zuschüsse aus dem Fördertopf „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ (BEW). Wann mit dem Bau begonnen werden kann, hänge auch von der Bearbeitungsdauer des Antrags ab, weil laut Mai vorher keine Aufträge erteilt werden dürfen. „Wir gehen derzeit von einem Start im ersten Halbjahr 2025 aus.“ Der Alternativ-Plan mit der Luft-Wärme-Pumpe lässt die Kosten für den Bau deutlich schrumpfen. Ursprünglich hatte die kwg 3,6 Millionen Euro für das Erdwärme-Projekt veranschlagt; jetzt sind es noch 2,1 Millionen Euro. Bis zu 40 Prozent dieser Summe, so die Hoffnung, sollen aus dem Fördertopf BEW kommen. Auch in der Sarstedter Politik ist Erdwärme aktuell ein Thema: SPD, GUT und WAS haben einen gemeinsamen Antrag auf eine Potenzialanalyse im Gebiet der Kommune gestellt. Die Stadt soll „die Möglichkeiten der mitteltiefen bis tiefen Geothermie zu einem Beitrag für die Wärmeversorgung“ überprüfen. Denn im Gegensatz zur „oberflächennahen Geothermie“, wie sie die kwg im Giebelstieg nutzen wollte, werde der Ausbau der mitteltiefen Geothermie (etwa 400 bis 1000 Meter) bisher vernachlässigt, heißt es in dem Antrag.
Die Gruppe präsentierte die Idee, den Schacht Giesen der Bergbaufirma Kali und Salz auf sein Potenzial zur Wärmeversorgung zu untersuchen. Doch auch daraus wird vorerst nichts: Wie der SPD-Fraktionschef Markus Brinkmann der HAZ mitteilte, sei dieses Ansinnen „technisch nur schwer realisierbar und nicht wirtschaftlich darstellbar.“