Der­zeit kei­ne wei­te­ren Argen­tum-Gebäu­de geplant. Inves­to­ren kla­gen über zu hohe Kos­ten – und ver­lan­gen mehr För­de­rung vom Staat.

Anfang März sind die ers­ten Bewoh­ner in die Senio­ren­woh­nun­gen in der
Glück­auf­stra­ße ein­ge­zo­gen. Foto: Till Röß (Archiv)

Von Sebas­ti­an Knoppik

Wer im Alter nicht mehr mobil ist und viel­leicht allei­ne lebt, kann oft nicht mehr im gro­ßen Ein­fa­mi­li­en­haus oder in der Miet­woh­nung im obe­ren Stock­werk woh­nen. Die Über­al­te­rung der Gesell­schaft sorgt für einen hohen Bedarf an alters­ge­rech­ten Woh­nun­gen, bei denen es im Ide­al­fall auch noch eine Art von Betreu­ung oder Hil­fe­stel­lung für die Bewoh­ner gibt.

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren sind zahl­rei­che Pro­jek­te im Kreis Hil­des­heim an den Start gegan­gen. Allen vor­an die Argen­tum-Häu­ser der Kreis­wohn­bau­ge­sell­schaft kwg. Aber auch pri­va­te Unter­neh­men haben sich enga­giert und neue Wohn­for­men an den Start gebracht. Eine Stu­die des Pest­el-Insti­tu­tes hat­te 2017 ermit­telt, dass 6000 alters­ge­rech­te Woh­nun­gen im Land­kreis feh­len. Neue­re Zah­len lie­gen nicht vor. Aber die Lage dürf­te sich nicht wesent­lich gebes­sert haben. „Der Woh­nungs­markt ist auf eine über­al­ter­te Gesell­schaft nicht aus­ge­legt“, sagt Peter Dürr­mann, der in Sar­stedt drei Ange­bo­te für Betreu­tes Woh­nen betreibt.

42 Ange­bo­te der Kate­go­rie Ser­vice­woh­nen und Betreu­tes Woh­nen gibt es laut Pfle­ge­be­richt des Land­krei­ses Hil­des­heim 2022. Einen neue­ren Bericht und damit aktu­el­le Zah­len gibt es nicht. Die Begrif­fe Betreu­tes Woh­nen und Ser­vice­woh­nen sind weder gesetz­lich geschützt noch las­sen sie sich klar von­ein­an­der abgren­zen. Beim Betreu­ten Woh­nen ist laut Land­kreis eine alters­ge­rech­te Woh­nung mit einem Betreu­ungs­ver­trag ver­bun­den, etwa für Haus­not­ruf, Rei­ni­gungs­diens­te, oder auch die Ver­mitt­lung von Pfle­ge­leis­tun­gen. Ser­vice­woh­nen wie­der­um kann dem­nach Mahl­zei­ten, Reinigungs‑, Fahr und Ein­kaufs­diens­te oder Frei­zeit­an­ge­bo­te enthalten.

Die Zahl sol­cher Ange­bot jeden­falls ist in den ver­gan­ge­nen Jah­ren deut­lich gestie­gen. Allein sie­ben Argen­tum-Bau­ten in Sar­stedt, Alger­mis­sen, Nord­stem­men, Alfeld, Hol­le, Bad Salz­det­furth und Elze hat die kwg gebaut. Sie ent­hal­ten ins­ge­samt 132 Woh­nun­gen und bie­ten rund 170 Men­schen Platz, wie Geschäfts­füh­rer Mat­thi­as Kauf­mann schätzt. Und die Nach­fra­ge ist unge­bro­chen hoch. Wer eine der Woh­nun­gen mie­ten möch­te, muss sich zunächst auf eine War­te­lis­te set­zen lassen.

Eigent­lich woll­te Kauf­mann in jeder der 18 Gemein­den, die Gesell­schaf­ter der kwg sind, ein Argen­tum bau­en las­sen. Doch die­ser Plan ist wegen der aktu­ell hohen Bau­kos­ten und Zin­sen „in wei­te Fer­ne gerückt“, wie Kauf­mann ein­räumt: „Wir haben im Moment nichts in der Pipeline.“

Gera­de erst vor kur­zem eröff­net wur­de das neu­es­te Pro­jekt des Betreu­ten Woh­nens in Sar­stedt. Peter Dürr­manns Unter­neh­men Daheim Wohn‑, Bera­tungs- und Pfle­ge GmbH eröff­ne­te sein Wohn- und Pfle­ge­quar­tier in der Glück­auf­stra­ße. Es ent­hält ins­ge­samt 70 Woh­nun­gen, eine Tages­pfle­ge sowie ein Restau­rant. Es ergänzt die schon län­ger bestehen­den und deut­lich klei­ne­ren Pro­jek­te an der Hil­des­hei­mer und der Lie­gnit­zer Stra­ße. Ins­ge­samt betreibt Dürr­mann damit nun 89 Woh­nun­gen sowie vier Alten-Wohn­ge­mein­schaf­ten in der Stadt.

Und an sei­nen Pro­jek­ten lässt sich gut die Ent­wick­lung in der Bran­che able­sen. Wäh­rend für die älte­ren Woh­nun­gen, die 2007 fer­tig­ge­stellt wur­den, 7,50 Euro Mie­te je Qua­drat­me­ter fäl­lig wer­den, sind es in den gera­de fer­tig gestell­ten an der Glück­auf­stra­ße rund 11 bis 13 Euro je Qua­drat­me­ter. Damit die Woh­nun­gen für die betag­ten und oft nicht sehr zah­lungs­kräf­ti­gen Men­schen den­noch bezahl­bar blei­ben, sind sie rela­tiv klein geschnit­ten. Die über­wie­gen­de Mehr­zahl der Woh­nun­gen, näm­lich 58, hat eine Grö­ße von 45 oder 55 Qua­drat­me­tern, der Rest ist 60 bis 90 Qua­drat­me­ter groß.

Auch wenn Dürr­manns 70 zusätz­li­che Woh­nun­gen für eine Stadt wie Sar­stedt schon ein deut­li­cher Zuwachs sind, so blei­ben sie ange­sichts der hohen Nach­fra­ge doch ein Trop­fen auf dem hei­ßen Stein. „Es ist ein gro­ßes Pro­jekt, aber es deckt bei Wei­tem nicht den Bedarf.“Es müs­se ein „deut­li­ches Signal“ vom Staat geben, for­dert Unter­neh­mer Dürr­mann, näm­lich eine bes­se­re För­de­rung für mehr und bezahl­ba­ren Wohn­raum. Da ist er sich mit kwg-Chef Kauf­mann einig, der sich eben­falls für eine stär­ke­re Betei­li­gung von Land und Bund aus­spricht. „Da muss die Poli­tik ran.“

Quel­le: Hil­des­hei­mer All­ge­mei­ne Zei­tung | 24.04.2024