kwg reagiert auf Gasmangel – und erwartet weniger Neubau
06. August 2022 – Tarek Abu Ajamieh
Wohnungsbau-Unternehmen will Stromkosten durch PV-Anlagen senken
Kreis Hildesheim. Die Hildesheimer Kreiswohnbaugesellschaft kwg plant derzeit keine Absenkung der Höchsttemperatur in ihren Wohnungen. „Das würde ich nur machen, wenn der Bund dafür den gesetzlichen Rahmen schaffen würde“, sagte Geschäftsführer Matthias Kaufmann am Freitag bei der Bilanzpressekonferenz des Wohnungsbau-Unternehmens. Erste Reaktionen auf steigende Gaspreise und einen drohenden Brennstoffmangel gebe es aber trotzdem.
Die kwg hatte zum Jahreswechsel 4078 Wohnungen in Stadt und Landkreis im Bestand, 48 Prozent davon werden mit Erdgas beheizt. Das Unternehmen schaut sich derzeit gezielt die Energieverbräuche an. „Mit Mietern, die einen auffällig hohen Verbrauch haben, werden wir das Gespräch suchen, um sie zu beraten“, sagte Kaufmann. Zudem werde die Heizung nachts konsequenter heruntergefahren. „Bisher war es so, dass jemand, der zum Beispiel morgens um 3 Uhr zur Schicht musste und vorher warm duschen wollte, das auch konnte – solche Ausnahmen gibt es nicht mehr.“ Außerdem wolle die kwg „noch einmal intensiv checken, wie auch wir selbst den Verbrauch kurzfristig noch reduzieren können.“
Mit Blick auf die nächsten Jahre kündigte Kaufmann an, die kwg werde ihre Neubautätigkeit perspektivisch eher zurückfahren. Als Gründe nannte er die rasant gestiegenen Baupreise und die nunmehr ebenfalls wieder steigenden Zinsen. „Zuletzt hatte die Wohnungswirtschaft goldene Jahre, aber künftig werden wir wieder sehr genau schauen müssen“, sagte der Geschäftsführer. Das sei ein Dilemma, da er überzeugt sei, dass auch weiterhin ein großer Bedarf am Neu- und Umbau von Wohnungen herrsche. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei die Förderpolitik des Bundes, sagte er in Anspielung auf den Stopp der Unterstützung für viele Energiesparende Häuser.
Anders als viele in der Branche halte ich es für richtig, die CO2 Kosten nicht allein auf die Mieter umzulegen, sondern sie zwischen Mieter und Vermieter 50:50 aufzuteilen.
Matthias Kaufmann
kwg-Chef, zur laufenden politischen Debatte
Die laufenden Projekte der nächsten anderthalb bis zwei Jahre seien aber voll finanziert und würden natürlich fertiggestellt, betonte Kaufmann. Beispiele reichten vom Ostend über die Alte Post in Alfeld bis zum Alten Bauhof in Sarstedt. Er verwies darauf, dass das kommunale Wohnungsbau-Unternehmen in den vergangenen Jahren mächtig investiert habe. So sei die Zahl der Wohnungen im Vorjahr um 60 gestiegen. Zugleich sank die Leerstandsquote von ohnehin niedrigen 1,8 auf nur noch 1,6 Prozent, in der ersten Hälfte dieses Jahres ging dieser Wert sogar noch weiter zurück.
Werde eine Wohnung frei, vermiete die kwg sie oft nicht sofort weiter, sondern investiere zunächst, betonte der Geschäftsführer: „39 Prozent der Miete gehen in die Instandhaltung.“ Auch nutze die Firma oft die Gelegenheit für Modernisierungen. „Inzwischen haben wir gut 800 barrierefreie Wohnungen und machen in dieser Hinsicht auch weiter.“ Denn der Bedarf an kleineren und leicht zugänglichen Wohnungen steige in der Gesellschaft immer weiter. Kaufmann betonte, noch immer liege die Miete in gut der Hälfte aller kwg-Wohnungen unter 5,50 Euro pro Quadratmeter.
Mit Blick in die Zukunft betonte Kaufmann, angesichts der aktuellen Krisen bei Lieferketten und Energieversorgung, aber auch wegen steigender Anforderungen an die CO2- Bilanz von Gebäuden nicht nur im Betrieb, sondern auch schon beim Bau rechne er mit mehr Nachhaltigkeit beim Bauen. Das betreffe zum einen die Ortswahl – „wir werden stärker im Bestand und auf Brachflächen bauen und weniger auf der grünen Wiese“ – als auch möglicherweise die Herkunft von Baumaterial. Vom Staat wünscht sich Kaufmann „weniger Regelungswut, wir müssen nicht immer alles bis auf die dritte Nachkommastelle festlegen“. Ein Beispiel sei für ihn die Pflicht zum Nachweis von Stellplätzen. „Der Markt kann das regeln, wer ein Auto braucht, sucht sich auch eine entsprechende Wohnung.“
Zudem kündigte der kwg-Geschäftsführer an, auf allen Gebäuden, auf denen das sinnvoll sei, Photovoltaik-Anlagen zu installieren – mit dem Ziel, den Mietern gegenüber der Grundversorgung leicht vergünstigten Strom anbieten zu können. „Die Ausschreibungen laufen bereits“, sagte Kaufmann.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 06.08.2022