Rechtsstreit bremst die kwg weiter aus
08. April 2021 – Jan Fuhrhop
Hildesheim. Während die Kreiswohnbau (kwg) im Landkreis mehrere Bauprojekte gleichzeitig vorantreibt, tritt sie bei einem Vorhaben in Hildesheim weiter auf der Stelle. Gezwungenermaßen.
In bester Innenstadtlage an der Innerste, zwischen der Magdalenenkirche und Bischofsmühle, sollen zwölf altersgerechte Wohnungen entstehen – doch anstelle von Bauarbeitern, Ingenieuren und Architekten sind zurzeit zwei Gerichte mit dem Vorhaben beschäftigt. Auf dem Areal selbst tut sich seit Monaten – nichts. Der Grund: Der Eigentümer des Restaurants Die Insel gleich gegenüber des kwg- Grundstücks, Berthold Jämmrich, will sich nicht mit den Neubau-Plänen abfinden und geht juristisch dagegen vor. Als „alles andere als angenehm“ bezeichnet kwg-Chef Matthias Kaufmann die Verzögerungen des Projekts. Er bezeichnet den Fall aber als Besonderheit („…haben so etwas sonst noch nicht erlebt…“) und nicht als Beispiel eines grundsätzlichen Problems bei Nachverdichtungen, also dem Bauen auf innerstädtischen Flächen zwischen bereits bestehenden Gebäuden.
Nachdem sich die für das kwg- Vorhaben notwendige Bebauungsplanänderung über knapp zwei Jahre gezogen hatte, monierte Berthold Jämmrich, die Stadt habe den Denkmalschutz für die benachbarte Magdalenen-Kirche und deren früheres Kloster außer Acht gelassen – der geplante Neubau sei zu mächtig für das Grundstück, passe nicht in die Nachbarschaft. Er legte rechtliche Schritte ein, der Fall liegt seit mehreren Monaten beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Einen Termin für die geplante mündliche Verhandlung gibt es noch nicht.
Ungeachtet der ausstehenden Entscheidung – die Klage hat keine aufschiebende Wirkung –, hat die Stadtverwaltung Ende 2020 schließlich der kwg die Baugenehmigung für die Immobilie erteilt. Doch loslegen kann das Unternehmen trotzdem nicht – denn der Restaurant-Eigentümer legte nicht nur bei der Stadt Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein, sondern stellte zudem beim Verwaltungsgericht Hannover einen Eilantrag, um den Baustart zu den derzeitigen Bedingungen zu verhindern. Gerichtssprecherin Nassim Eslami bestätigt gegenüber der HAZ, dass die Sache im Eilverfahren anhängig ist, derzeit würden die beteiligten Parteien „noch Argumente austauschen“. Wann in dem Verfahren eine Entscheidung fällt, steht noch nicht fest. Eingegangen ist der Eilantrag im Januar, bei Bausachen könne es bis zu einer Entscheidung durchaus auch mal fünf oder mehr Monate dauern, sagt Eslami. Das Gericht werde aber sehr wahrscheinlich nach Aktenlage und aufgrund schriftlicher Stellungnahmen entscheiden, mündliche Verhandlungen seien in Eilverfahren eine große Ausnahme.
Die kwg geht weiter davon aus, letztlich ihr Konzept wie ursprünglich geplant durchsetzen und das Gebäude errichten zu können – und will nun nicht noch länger zum absoluten Nichtstun verdammt sein. Geschäftsführer Matthias Kaufmann kündigt gegenüber der HAZ Arbeiten an, die auch ohne Baugenehmigung beginnen dürften. „Wir wollen demnächst mit der Kampfmittelsondierung beginnen.“ Es sei möglich, dass auf dem Grundstück Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg im Untergrund liegen, mit der möglichen Räumung müsse man nicht warten, bis die Gerichte entschieden hätten. Auch archäologische Grabungen sollen nach Kaufmanns Angaben möglichst bald starten.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 08.04.2021