Angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt
KWG-Geschäftsführer Matthias Kaufmann zieht Bilanz
kwg-Geschäftsführer Herr Kaufmann kritisiert die Fokussierung auf immer höhere Energieeffizientsstandards. Er will Ökonomie und Ökologie wieder zusammenbringen.
Foto: Hans-Theo Wiechens
von Ann-Cathrin Oelkers
Kreis – 65 Wohnungen hat die 1949 gegründete Kreiswohnbaugesellschaft Hildesheim (KWG) im Jubiläumsjahr fertiggestellt, überwiegend für Mieter mit kleinen oder mittleren Einkommen.
Dass das seit 75 Jahren bestehende kommunale Unternehmen in erster Linie auf bezahlbaren Wohnraum abzielt, spiegelt sich auch in den Mietpreisen wider. Laut KWG-Geschäftsführer Matthias Kaufmann müssen Mieter derzeit durchschnittlich 6,22 Euro pro Quadratmeter bezahlen.
Im Pressegespräch zum Jahresabschluss nannte Kaufmann weitere Zahlen. Demnach werden 52 Prozent der Wohnungen im Bestand der KWG für weniger als 6 Euro je Quadratmeter vermietet, 88 Prozent der Wohnungen liegen unterhalb der 7 Euro Marke. Nur 12 Prozent werden zu höheren Quadratmeterpreisen vermietet. Lediglich rund 1,5 Prozent der Mietwohnungen stehen leer. Dies und die geringe Mieterfluktuation – nur 10,4 Prozent der Mieter haben sich im Jahresverlauf eine andere Bleibe gesucht – wertet Kaufmann als Zeichen für die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt insbesondere da, wo es um bezahlbaren Wohnraum geht. Besserung scheint nicht in Sicht. „Der Standort Deutschland leidet“, so der KWG-Chef über die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre, die sich zunehmend auf den Arbeitsmarkt niederschlägt.
„Der Wohnungsbedarf bleibt, aber die Leute können ihr Wohnung nicht mehr bezahlen“, benennt er eine Folge von Inflation und Kaufkraftverlust in der Zielgruppe, für die die KWG tätig ist. Hinzu kommt: die Bevölkerung wächst, gleichzeitig werden bundesweit nach wie vor zu wenig Wohnungen gebaut.
Laut Kaufmann ist die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland um 35 Prozent zurückgegangen. Die Auswirkungen abseits des regulierten Wohnungsmarkts: Wohnen wird insbesondere in den Ballungszentren teurer.
Das gilt in Zeiten explodierender Baukosten auch für das Eigenheim, das sich immer weniger Haushalte leisten können. Der Mietwohnungsmarkt gerate dadurch weiter unter Druck, beobachtet der KWG-Chef. Angesichts einer wachsenden Zahl von Single-Haushalten – in 41 Prozent der Haushalte lebte 2022 nur ein Mensch – im Zusammenspiel mit einer alternden Bevölkerung müssen neue Wohnungen künftig folgenden Kriterien genügen: klein, barrierefrei und angebunden an eine gute Infrastruktur.
Damit mehr gebaut wird, wünscht sich Kaufmann mehr „Maß und Mitte“ und weniger bürokratische Hürden. Handlungsbedarf sieht er zum Beispiel in Sachen Denkmalschutz und Archäologie, aber auch bei den Standards. Die Bedeutung des Klimaschutz stellt er nicht in Abrede, kritisiert aber die Fokussierung auf immer höhere Energieeffizienzstandards. „Die ersten zehn Zentimeter Dämmung kosten am wenigsten und bringen am meisten“, will der KWG-Geschäftsführer Ökonomie und Ökologie zusammenbringen. Damit die Mieten auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 bezahlbar bleiben, sollen weniger Mittel in wärmegedämmte Fassaden fließen und trotzdem die Emissionen des Treibhausgas CO2 reduziert werden. Aktuell werden die Immobilien der KWG größtenteils mit den fossilen Brennstoffen Gas (44 Prozent) und Öl (24 Prozent) beheizt. Ziel ist, die Wärmeversorgung auf grüne Energieträger umzustellen.