Zu teuer? kwg-Wohnungen noch frei
Im Neubau des Unternehmens an der Bischofsmühle sind die zwei hochpreisigsten Appartements auch ein Jahr nach der Fertigstellung noch zu haben. Geschäftsführer hadert mit Bauverzögerung.
Von Rainer Breda
Das Interesse war riesig: Kaum hatte die kwg vor fünf Jahren öffentlich gemacht, dass sie in der Mühlenstraße zwölf altengerechte Eigentumswohnungen bauen will, gingen bei dem Unternehmen die ersten Anfragen ein. Bald standen 170 Namen auf der Bewerberliste.
Seit etwa einem Jahr nun ist der Komplex fertig. Er besteht aus zwei miteinander verbundenen, jeweils dreigeschossigen Häusern; im Dezember 2022 zogen die ersten Bewohner ein. Doch trotz der großen Nachfrage am Anfang und des allgemeinen Wohnraummangels sind noch immer zwei der zwölf Appartements zu haben.
Beide unverkauften Wohnungen liegen in den oberen Etagen
Beide liegen jeweils im obersten Stock; die eine Wohnung hat zwei Zimmer, die andere vier – für kwg-Chef Matthias Kaufmann ist sie „die schönste Wohnung überhaupt in dem Objekt“. Doch sie ist dort mit rund 700.000 Euro auch die teuerste, die andere Wohnung wird mit knapp 600.000 Euro auf der Internetseite der Sparkasse angeboten. Und das ist angesichts gestiegener Kreditzinsen nicht wenig Geld, wie der kwg-Geschäftsführer einräumt. Doch der Preis liege daran, dass sich das Projekt viel länger hingezogen habe als geplant und daher entsprechend teurer geworden sei.
Kaufmanns Unternehmen gehört das gut 1500 Quadratmeter große Grundstück an der Bischofsmühle, auf dem zuvor das frühere Pfarrheim der Magdalenen-Gemeinde stand, inzwischen schon seit fast sieben Jahren. „Eigentlich wollten wir 2018 fertig sein“, sagt er.
Schwieriger Baugrund, klagender Nachbar – Arbeiten zogen sich hin
Zunächst bereitete der schwierige Baugrund der kwg Probleme, konkret zwei auf dem Grundstück verlegte Kanäle der SEHi, die zur Entwässerung des Michaelisquartiers dienen. Allein um damit umzugehen, habe man ein Jahr verloren, berichtet Projektleiter Milano Werner. Dann versuchte Nachbar Berthold Jämmrich, Eigentümer des Insel-Restaurants, das Vorhaben auf juristischem Wege zu verhindern. Am Ende zwar erfolglos. „Doch das hat uns zwei weitere Jahre gekostet“, sagt Kaufmann. So sei die kwg „rabiat“ von der Baukostensteigerung erwischt worden und musste statt der ursprünglich kalkulierten 4,5 Millionen Euro insgesamt 2,3 Millionen Euro mehr aufbringen.
Rechnet sich das Vorhaben da überhaupt noch? Ja, sagt Kaufmann, „aber das hat nicht immer so ausgesehen“. Doch die kwg hat Puffer für etwaige Mehrausgaben für das Beseitigen von Altlasten und den Umgang mit archäologischen Funden eingeplant. Beides sei am Ende nicht nötig gewesen, erklärt Kaufmann – so passten die Zahlen dann noch.
Von den ursprünglichen Preisvorstellungen für die zwei noch unverkauften Wohnungen hat sich das Unternehmen allerdings verabschieden müssen. „Wir sind etwas runtergegangen“, sagt der kgw-Chef. Projektleiter Werner berichtet von Gesprächen mit mehreren Interessenten – ob die noch dieses Jahr in Kaufverträge münden, da will er sich nicht festlegen. Grundsätzlich sei er aber sehr zuversichtlich, versichert Werner.
kwg-Chef hört viel Lob, Nachbar spricht von „Katastrophe“
Für Kaufmann spielt nach eigenen Angaben neben den finanziellen Aspekten bei der Bewertung auch ein anderer Punkt eine wichtige Rolle: Er höre oft von Menschen, wie gut das kwg-Objekt gelungen sei, wie sehr es auf das Grundstück passe und sich in die Umgebung einfüge. Letzteres hatte Nachbar Jämmrich im Vorfeld bezweifelt – und fühlt sich nun, wo die beiden Häuser stehen, bestätigt. „Es ist schlimmer geworden als befürchtet, eine Katastrophe“, findet Jämmrich, der kwg-Komplex verdecke die Sicht auf das frühere Magdalenen-Kloster.
Nach Kaufmanns Wahrnehmung ist diese Kritik indes eine Einzelmeinung. Der kwg-Chef berichtet von Lob – für ihn durchaus auch Genugtuung angesichts der langwierigen und schwierigen Vorgeschichte.
Also Ende gut, alles gut? Für den kwg-Chef bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Er sieht die Politiker auf Landes- und Bundesebene gefordert, die Widerspruchsrechte gegen solche Bauvorhaben zu beschränken. Gleich auf drei verschiedenen Wegen habe der Nachbar versucht, die Pläne zu vereiteln: „So kommen wir nicht schnell genug voran, die politisch gewollte Innenentwicklung wird so extrem langwierig oder sogar unmöglich.“
Mit der Stadtverwaltung und dem Rat hingegen zeigt sich Kaufmann zufrieden, „an ihnen hat es nicht gelegen“.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung | 27.11.2023