Zu teu­er? kwg wehrt sich gegen Kritik

24. Juli 2021 – Tarek Abu Ajamieh

Sorgt die kwg nicht für genug güns­ti­ge Woh­nun­gen? Im Wahl­kampf klingt es zuletzt so – die Fir­men­spit­ze weist das ent­schie­den zurück.

Foto Matthias Kaufmann ist stolz auf kwg-Projekte wie im Ostend
Geschäfts­füh­rer Mat­thi­as Kauf­mann zeigt kwg-Pro­jek­te Ostend – aber wenig amü­siert über jüngs­te Vor­wür­fe. FOTO: TAREK ABU AJAMIEH

Kreis Hil­des­heim. Die Hil­des­hei­mer Kreis­wohn­bau­ge­sell­schaft kwg hat sich ent­schie­den gegen Kri­tik meh­re­rer Land­rats­kan­di­da­ten ver­wahrt, sie sei zu teu­er und kon­zen­trie­re sich nicht in aus­rei­chen­dem Maße dar­auf, güns­ti­gen Wohn­raum zur Ver­fü­gung zu stel­len. Das sei nur „wohl­fei­les Geplau­der“, schimpf­te der Auf­sichts­rats-Vor­sit­zen­de Klaus Bruer jetzt bei der Bilanz­pres­se­kon­fe­renz des Unter­neh­mens. Und Geschäfts­füh­rer Mat­thi­as Kauf­mann ver­wies dar­auf, dass die durch­schnitt­li­che Kalt­mie­te im Vor­jahr nur 5,48 Euro betra­gen habe.

Aus­lö­ser waren Äuße­run­gen bei einer Podi­ums­dis­kus­si­on der Wohl­fahrts­ver­bän­de in Hil­des­heim Anfang der Woche. Dort hat­te die Ers­te Kreis­rä­tin Eve­lin Wiß­mann, zugleich par­tei­lo­se Land­rats­kan­di­da­tin der CDU, unter ande­rem gesagt: „Die kwg ist zu teu­er.“ Bruer bezeich­ne­te es als „unge­hö­rig, als Ver­tre­te­rin des Mehr­heits­ge­sell­schaf­ters Land­kreis offen­bar ohne jeg­li­ches Wis­sen eine sol­che Bemer­kung zu machen“. Zudem sti­chel­te er, der Kreis kön­ne ja auf sei­ne jähr­li­che Divi­den­de ver­zich­ten, wenn ihm gerin­ge­re Mie­ten so wich­tig seien.

Mode­ra­te­re Kri­tik hat­ten auch ande­re Bewer­ber geübt: Bernd Lynack (SPD) for­der­te einen stär­ke­ren Fokus auf die „Kern­auf­ga­ben“. FDP-Mann Tho­mas Seid­ler ver­lang­te „weni­ger Kon­zen­tra­ti­on auf die teu­ren Argen­tum-Pro­jek­te“ und Ekke­hard Dom­ning (Grü­ne) wünsch­te sich all­ge­mein höhe­re Quo­ten für Sozialwohnungen.

Kauf­mann und Bruer, die eigent­lich eine aus ihrer Sicht sehr erfolg­rei­che Jah­res­bi­lanz prä­sen­tie­ren woll­ten, wirk­ten ziem­lich empört, auch wenn Kauf­mann sei­nen Unmut eher zurück­hal­tend for­mu­lier­te und lie­ber Zah­len spre­chen ließ. Die, davon zeig­te sich der Geschäfts­füh­rer über­zeugt, ent­kräf­ten die Kri­tik. Mehr als drei Vier­tel aller kwg-Woh­nun­gen kos­te­ten weni­ger als 6 Euro Mie­te pro Qua­drat­me­ter, ein Fünf­tel sogar weni­ger als 5 Euro.

kwg Hildesheim Infografik: Mehr als drei Viertel aller kwg-Wohnungen kosteten weniger als 6 Euro Miete pro Quadratmeter, ein Fünftel sogar weniger als 5 Euro.

Die Zahl der Woh­nun­gen mit Preis- und Bele­gungs­bin­dung, für die ein soge­nann­ter B‑Schein nötig ist, sank im Vor­jahr aller­dings von 440 auf 407. Es dürf­ten aber bald wie­der mehr wer­den, beton­te Kauf­mann. 81 sol­cher Woh­nun­gen sei­en zwi­schen­zeit­lich fer­tig­ge­stellt, im Bau oder zumin­dest in Pla­nung. Allein 36 der 48 Woh­nun­gen auf dem alten Bau­hof in Sar­stedt soll­ten Sozi­al­woh­nun­gen werden.

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Woh­nun­gen hat die Kreis­wohn­bau in Sar­stedt, gan­ze 21 sind es in Lam­sprin­ge. Hil­des­heim liegt mit 605 kwg-Woh­nun­gen in der Mit­te. Fre­den ist die ein­zi­ge Kom­mu­ne im Land­kreis, in der das Unter­neh­men kei­ne Woh­nun­gen mehr unterhält.

Über­haupt sei die kwg die ein­zi­ge Fir­ma, die der­zeit im Land­kreis außer­halb Hil­des­heims sozia­len Woh­nungs­bau betrei­be. Die Argen­tum-Apart­ments mach­ten hin­ge­gen nur einen klei­nen Bruch­teil der kreis­weit inzwi­schen 4088 Woh­nun­gen des Unter­neh­mens aus.

Und auch der ste­te Anstieg des Gewinns in den ver­gan­ge­nen Jah­ren auf nun knapp 3,5 Mil­lio­nen Euro sei kein Aus­weis zu hoher Prei­se: „Wir bau­en der­zeit inten­siv neu, weil der Bedarf da ist – dafür brau­chen wir natür­lich auch Eigen­ka­pi­tal, das wir ver­die­nen müs­sen“, beton­te der Geschäfts­füh­rer. Zudem ste­cke das Unter­neh­men unver­än­dert viel Geld in Modernisierungen.

Kauf­mann ver­wies zudem auf das aktu­el­le Wohn­raum­ver­sor­gungs-Kon­zept des Land­krei­ses, das Grund­la­ge für eine För­de­rung von Wohn­bau durch das Land sei: Neue Sozi­al­woh­nun­gen könn­ten der­zeit nur in Hil­des­heim, Sar­stedt und dank einer Extra-Stu­die auch in Alger­mis­sen entstehen.

Als weit­hin sicht­ba­res Vor­zei­ge­pro­jekt stell­te die kwg bei ihrer Jah­res­bi­lanz den Neu­bau eines Hoch­hau­ses am Kipp­hut in Sar­stedt – jener Kom­mu­ne im Land­kreis, in der das Unter­neh­men die meis­ten Woh­nun­gen unter­hält – in den Mit­tel­punkt. 22 neue Woh­nun­gen auf neun Eta­gen, bar­rie­re­frei und zum Teil mit enor­mem Aus­blick, ent­ste­hen dort derzeit.

Doch Kauf­mann sprach auch zwei The­men an, die ihm Sor­gen berei­ten. Der Anstieg der Bau­stoff­prei­se gehe viel schnel­ler von­stat­ten als der bei den Miet­prei­sen. „Wenn sich das so fort­setzt, droht der Woh­nungs­bau irgend­wann zum Erlie­gen zu kommen.“

Zudem mahn­te der Geschäfts­füh­rer mit Blick auf die Zie­le zur Redu­zie­rung des CO2-Aus­sto­ßes und zur Kli­ma­neu­tra­li­tät, dafür sei­en „enor­me finan­zi­el­le Anstren­gun­gen“ nötig. „Das wird teu­er und schwie­rig, mas­si­ve staat­li­che Zuschüs­se wer­den nötig sein, sonst dro­hen wirk­lich sozia­le Verwerfungen.“

Er sei nicht gegen die Kli­ma­zie­le, auch die kwg mache sich auf den Weg, die­se auf das Unter­neh­men zu über­tra­gen und CO2 ein­zu­spa­ren. Doch dabei wer­de deut­lich: „Die Ener­gie­wen­de gibt es nicht zum Null­ta­rif, da müs­sen wir uns alle noch vie­le Gedan­ken machen.“

KOMMENTAR

Von Tarek Abu Ajamieh

Mehr Fak­ten sind nötig

Bezahl­ba­rer Wohn­raum“ ist stets ein Wahl­kampf­schla­ger. Das ist jetzt auch in der Dis­kus­si­on um die kwg nicht anders. Wobei in aller Regel meh­re­re Fra­gen offen blei­ben: Was kon­kret bedeu­tet „bezahl­bar“ – also wel­che Qua­drat­me­ter-Prei­se oder wel­che Antei­le vom Ein­kom­men? Wer soll die­sen Wohn­raum schaf­fen? Und wel­che staat­li­che Ebe­ne soll dafür im Zwei­fels­fall Geld zuschie­ßen? Bei der letz­ten Fra­ge lan­det man schnell im Dickicht unter­schied­li­cher Zustän­dig­kei­ten. Dabei ist das Gan­ze durch­aus ein loka­les The­ma. Ent­schei­dend sind näm­lich zwei Fak­to­ren: Wie vie­le Men­schen oder Haus­hal­te unter­halb eines bestimm­ten Ein­kom­mens gibt es in einer Stadt oder Regi­on? Und wie vie­le Woh­nun­gen in wel­chem Preis­seg­ment ste­hen im besag­ten Gebiet zur Ver­fü­gung? Das gilt es zu ana­ly­sie­ren, die Daten per­ma­nent zu aktua­li­sie­ren und danach zu han­deln. Erst recht mit staat­li­chen Bau­ge­sell­schaf­ten wie kwg und gbg.

Wie man das machen will, was man selbst kon­kret als gewähl­ter Land­rat oder Abge­ord­ne­ter tun oder auch ver­mei­den will, wäre ein gutes und wich­ti­ges Wahl­kampf- The­ma. All­ge­mei­ne Kla­gen über ver­meint­lich oder tat­säch­lich zu hohe Miet­prei­se sind es nicht.

Quel­le: Hil­des­hei­mer All­ge­mei­ne Zei­tung, 24.07.2021