Die meisten Wohnhäuser im Landkreis schneiden bei der Energieeffizienz nicht gut ab
Eine Studie nimmt die Immobilien Kommune für Kommune in den Blick. Innerhalb des Landkreises gibt es erhebliche Unterschiede. So steht die Stadt besser da als das Umland, der Norden besser als der Süden. Wie kommt das? Und wie kann jeder sein Haus bewerten?
Von Tarek Abu Ajamieh
Die meisten Wohnhäuser im Landkreis Hildesheim sind nicht sonderlich energieeffizient. Das geht aus einer Analyse des Instituts Infas360 hervor, das bundesweit die Immobilienbestände in allen Städten und Gemeinden unter die Lupe genommen hat. Die Studie zeichnet das Bild eines – je nach Sichtweise – großen Bedarfs oder auch Potenzials für die energetische Sanierung von Wohngebäuden. Nicht zuletzt mit Blick auf den Klimaschutz. Dabei gibt es auch innerhalb des Landkreises erhebliche Unterschiede.
Neun Energieeffizienzklassen für Wohngebäude gibt es in Deutschland. Sie sind ähnlich aufgebaut wie die Klassen für Elektrogeräte und orientieren sich im Wesentlichen am Heizwärmebedarf der Häuser. Die häufigste Effizienzklasse bei Häusern im Kreis Hildesheim ist in fast allen Kommunen die Kategorie G – und damit die achte von insgesamt neun Kategorien. 30 bis 40 Prozent der Wohnhäuser fallen darunter. Die drei besten Klassen A+, A und B bringen es hingegen lediglich auf – oft auch noch niedrige – einstellige Prozentwerte, selbst die viertbeste Kategorie C ist fast nur mit einstelligen Prozentwerten vertreten.
Mehr als die Hälfte aller Wohngebäude fällt hingegen in eine der drei schlechtesten Kategorien F, G oder H. Das ist bezogen auf ganz Deutschland so, und auch der Landkreis Hildesheim macht da keine Ausnahme. Wobei es, und auch das ist kein Hildesheimer Sonderfall, ein deutliches Stadt-Land-Gefälle gibt. In Hildesheim selbst sind die Wohnhäuser im Schnitt energieeffizienter als im Umland. Und im Nordkreis ist die Situation besser als im Südkreis.
In Hildesheim ist die häufigste Kategorie immerhin die Effizienzklasse E. Ein Grund dafür dürfte sein, dass es in der Stadt im Verhältnis mehr Mehrfamilienhäuser gibt als auf dem Land. Und gerade die großen Wohnungsbaugesellschaften, aber auch kleinere Anbieter, haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viel Geld in die energetische Sanierung ihrer Immobilien investiert – etwa in Dämmung, Fenster und oft auch Heiztechnik. Ein weiterer Grund für die vergleichsweise gute Situation in Städten ist nach Ansicht der Analysten, dass nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg viele Gebäude neu – und damit auch nach neueren Standards – errichtet wurden. Auf dem Land gebe es im Verhältnis ältere Häuser.
Doch schon in Sarstedt, wo die kwg ebenfalls viel gemacht hat und wo es viele recht neue Häuser gibt, ist die Kategorie G am häufigsten. Nicht so häufig freilich wie in manchen Kommunen des Südkreises. So dominiert in Freden und Duingen sogar die schlechteste Effizienzklasse H.
Das passt zu einem weiteren Zusammenhang, den die Forscherinnen und Forscher im Rahmen der Studie herstellen konnten: In Regionen, in denen tendenziell mehr Menschen weg- als zuziehen, die Bevölkerung also zurückgeht, ist der energetische Zustand der Wohnhäuser im Durchschnitt schlechter.
Weil generell weniger Gebäude den Besitzer wechseln oder vermietet werden – und damit der Druck weniger stark ist, in die Immobilien zu investieren, und weil ohnehin mehr Eigentümern das nötige Kapital fehlt. Zumal in Kommunen wie eben Duingen und Freden auch das Durchschnittsalter der Bevölkerung höher ist.
Faustformel: So rechnen Sie die Energieeffizienzklasse aus
In Stadt und Landkreis Hildesheim haben die meisten Wohnhäuser ein eher schlechtes Energieeffizienz-Niveau. Doch wie findet man eigentlich heraus, in welche Kategorie die eigene Immobilie fällt – oder die, die man gemietet hat?
Hat der Besitzer einen Energieausweis für das Gebäude, enthält dieser die Klassifizierung. Doch es gibt – neben detaillierteren Berechnungsmethoden – auch eine ziemlich zuverlässige Faustformel: Nämlich den jährlichen Heizwärmebedarf in Kilowattstunden geteilt durch die Wohnfläche. Fachleute empfehlen dabei, den Wärmebedarf der vergangenen drei Jahre heranzuziehen und daraus einen Durchschnittswert zu bilden, damit das Endergebnis nicht durch witterungsbedingte Schwankungen verfälscht wird.
Ein praktisches Beispiel: Für ein Haus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche wurden vor drei Jahren 16 500, vor zwei Jahren 18 100 und im Vorjahr 15 900 Kilowattstunden Erdgas verbraucht. Daraus ergibt sich ein Heizwärmebedarf von 140 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Damit würde das Gebäude in die Energieeffizienzklasse E fallen. Die beste Klasse A+ erfordert weniger als 30 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr, die schlechteste Klasse H beginnt bei mehr als 250.
Nach Ansicht von Experten sind die oberen drei Klassen fast nur mit Wärmepumpen zu erreichen. Verbesserungen lassen sich aber auch mit stärkerer Dämmung, neuen Fenstern oder einer Dachsanierung erreichen. Für fast alle infrage kommenden Vorhaben gibt es verschiedene Fördertöpfe, sodass Hausbesitzer einen Energieberater oder einen anderen Fachmann hinzuziehen sollten.
In Zahlen
30
Kilowattstunden Heizwärmebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr bedeuten Effizienzklasse A. Sind es sogar weniger als 30, ist die höchste Stufe A+ erreicht. Von 50 bis unter 75 reicht die Kategorie B.
75
bis unter 200 Kilowattstunden Heizwärmebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr bedeuten Effizienzklasse F. Von 200 bis 249 reicht die Effizienzklasse G, bei 250 beginnt die höchste und schlechteste Kategorie H.
160
bis unter 100 Kilowattstunden Heizwärmebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr bedeuten Effizienzklasse C. Bis 129 reicht die Kategorie D, von 130 bis 159 die Effizienzklasse E.
Rückschlüsse auf die Heizkosten
Was das Heizen kostet, lässt sich anhand der Energieeffizienzklasse eines Hauses grob einschätzen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat dafür eine Tabelle erstellt. In einem Haus der Effizienzklasse A werden demnach ungefähr 2 Euro je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr fällig, in der Kategorie C sind es schon 4 Euro, in der Kategorie E 7 Euro, in der Kategorie G 11 Euro und in der schlechtesten Kategorie H müssen die Bewohner mit 13 oder mehr Euro je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr rechnen.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung | 03.11.2023