Ein Richtfest ohne Fest oben auf dem Kipphut-Hochhaus
23. Juni – Kathi Flau
Weil eine Feier coronabedingt verboten wäre, bekommt das achtstöckige Sarstedter Großprojekt in kleiner Runde und aller Stille eine Krone aufgesetzt
Sarstedt. Den Begriff „Richtfest“ möchte er hier nicht hören, sagt Matthias Kaufmann, Geschäftsführer der Kreiswohnbaugesellschaft Hildesheim (kwg). Denn Richtfeste seien derzeit per Landesverordnung verboten, und man wolle sich schließlich ans Gesetz halten. Aber ein Hochziehen der Richtkrone im kleinen Kreis von Verantwortlichen, Planern und Handwerkern – von so einem Verbot stehe nichts in der Verordnung.
Als Kaufmann das sagt, steht er hoch über dem Kipphut und Sarstedt, genauer gesagt: acht Etagen. Der Wind ist frisch an diesem Montagmorgen, der Blick von oben reicht über die Stadt hinaus weit bis ins Land. „Diese Aussicht können dann bald die Mieter hier genießen“, sagt Kaufmann, dessen kwg in dieses Bauvorhaben 7,5 Millionen Euro investiert – „ohne Zuschüsse aus der öffentlichen Wohnbauförderung“, wie der Geschäftsführer ausdrücklich betont.
Neben den Johannitern, die künftig im Erdgeschoss eine Kinderkrippe mit zwei Gruppen und im ersten Obergeschoss eine Senioren- Wohngruppe für zwölf bis 15 pflegebedürftige Menschen betreiben werden, sollen 22 weitere Mietparteien hier einziehen.„Es ist ein erhebliches Interesse da“, sagt Kaufmann an seinem Redepult, das vom Wind mehrfach fast weggepustet wird. Bereits Mitte April hätten das kommunale Immobilienunternehmen mehr als 30 Anfragen erreicht.

Das Hochhaus bedient als Baukomplex die große Nachfrage nach kleineren Wohneinheiten. Zwei bis drei Zimmer, auf 60 bis maximal 100 Quadratmetern hat jede einzelne. Die Bäder werden fertig angeliefert- eine Kosten- und Zeitersparnis. Was sich nicht zuletzt in den Mietkosten niederschlägt.
„Wichtig ist uns in Sarstedt, dass Wohnen bezahlbar bleibt“, sagt Bürgermeisterin Heike Brennecke. Und dass man Grundstücke als Bauland optimal nutze. „Das machen Hochhäuser wie dieses sehr gut möglich, denn das steht hier auf einem kleinen Grundstück von knapp 1500 Quadratmetern – und so vieles findet darin Platz, Familien, eine Kinderbetreuung und natürlich die Senioren.“
Und alle sollen bereits in neun Monaten, also im Frühjahr 2021, ihre neuen Räume und Zuhause beziehen können, verspricht Kaufmann. „Bislang sind wir dem ursprünglichen Zeitplan drei Wochen voraus, und wir hoffen jetzt, dass alles so gut weiterläuft wie bisher.“ Lieferengpässe oder Materialknappheit aufgrund der Corona- Krise hat es laut Kaufmann bislang nicht gegeben.
Und so bleibt ihm nur noch, sich bei den Beteiligten an diesem Großprojekt zu bedanken. Bei der Stadt Sarstedt, beim Landkreis für die zügige Erteilung der Baugenehmigung, beim Hildesheimer Architekturbüro Hirsch, das das Gebäude geplant hat, beim Bauunternehmen Wassmann, bei Polier Bernd Dowe, beim Niedersächsischen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, dessen Verbandsdirektorin Susanne Schmitt an diesem Tag ebenfalls nach Sarstedt zum Nicht- Richtfest gekommen ist, und bei Klaus Bruer in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der kwg.
Dann gibt es Schnaps, ein Gedicht und viele gute Wünsche für den Neubau von Polier Dowe, dann schwebt per Kran der Richtkranz herbei, dann applaudieren die wenigen Gäste und dann – dann fällt es tatsächlich um vom Wind, das Rednerpult mit dem kwg-Banner.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 23. Juni 2020