kwg: Bald kaum noch Neubauten?

Bundesweites Problem zeigt sich lokal: Material- und Zinskosten bremsen Schaffung von Wohnraum

Von Tarek Abu Ajamieh

Kreis Hildesheim. Die Kreiswohnbaugesellschaft Hildesheim (kwg) hat in den nächsten beiden Jahren noch einige größere Bauprojekte – doch ab 2025 dürfte es zumindest mit dem Neubau von Wohnungen weitgehend vorbei sein, abgesehen vielleicht von Sozialwohnungen. Das hat Geschäftsführer Matthias Kaufmann am Freitag angekündigt.

Steigende Bau- und Materialpreise und inzwischen auch deutlich erhöhte Zinsen machten den Bau von Mietwohnungen zunehmend unwirtschaftlich. Vor allem in Regionen mit eher niedrigen Mieten wie dem Landkreis Hildesheim – bei der kwg kostet der Quadratmeter im Schnitt 5,81 Euro.

„Einige dieser Probleme gab es schon länger, in diesem Jahr stiegen unter anderem durch den Ukraine-Krieg in seinen Folgen Materialpreise nochmals erheblich“, sagt Kaufmann. Lange hätten aber niedrige Zinsen das Bauen trotzdem noch attraktiv gemacht, damit sei es nun auch vorbei: „Das ist der gleiche Effekt wie bei privaten Bauherren, das bricht ja auch ein“, erklärt der kwg-Chef.

Damit drohe der Region im Kleinen, was auch bundesweit immer mehr zum Problem wird, stellt Kaufmann fest. Was er meint: In Deutschland sollen nach dem Willen der Bundesregierung pro Jahr 400 000 Wohnungen entstehen, davon ein Viertel staatlich geförderte Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen, im Volksmund auch Sozialwohnungen genannt.

2020 waren es gut 300 000, im vergangenen Jahr schon weniger, in diesem Jahr erst recht. „Die 100 000 geförderten Wohnungen sind vielleicht noch  realistisch – aber die frei finanzierten? Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Kaufmann. Jedenfalls nicht ohne zusätzliche finanzielle Anreize.

In den kommenden beiden Jahren investiere die kwg noch einmal kräftig in den Neubau, unter anderem in bereits begonnene Projekte wie die 96  Wohnungen im Hildesheimer Ostend und die 48 Wohnungen auf dem Alten Bauhof in Sarstedt.

Doch ab 2025 werde es dann „deutlich dünner“. Die kwg werde ihre Investitionen vorwiegend auf den Bestand konzentrieren, vor allem auf die Umstellung auf andere Heizungsarten. Dabei herrscht schon jetzt Wohnungsknappheit. Bei der kwg zum Beispiel waren zuletzt ganze 27 der mehr als 4000 Wohnungen frei – dabei spricht die Branche schon bei drei Prozent Leerstand von Vollvermietung. Von einer „langen Schlange vor der Tür“, spricht Kaufmann – in den vergangenen zehn Jahren war der Leerstand noch nie so gering. Bei anderen großen Vermietern in Stadt und Landkreis sieht es kaum anders aus.

Eine Folge, die Kaufmann beschreibt: In der Flüchtlingskrise 2015 habe er dem Landkreis noch Dutzende Wohnungen für Neuankömmlinge anbieten können. In diesem Jahr habe er für Ukrainerinnen und Ukrainer nur sehr  wenige parat gehabt. „Zumal wir natürlich gern helfen, aber auch nicht alle frei werdenden Wohnungen für Flüchtlinge reservieren können und wollen“, wie der Geschäftsführer betont. Die Suche nach Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge beschäftigt Stadt und Landkreis Hildesheim seit dem Frühjahr  intensiv, der Kreis hat deshalb mehrere Hotels angemietet und bringt ankommende Ukrainerinnen mitunter zunächst in dafür gesperrten Sporthallen in Sarstedt und Alfeld unter.

Als „schönes Projekt, aber wirtschaftlich schwierig“ bezeichnete Kaufmann den Bau des regionalen Versorgungszentrums (RVZ) in Alfeld mit 16 barrierefreien Wohnungen im Obergeschoss. Das ganze sei eigentlich eine gute Sache. Doch weil sich der Regionsverein Leinebergland früh auf Fixpreise habe festlegen müssen, um Zuschüsse zu beantragen, schlage die Teuerung bei diesem Projekt stark durch. Klingt, als würde die kwg mit dem
Alfelder Großvorhaben eher keinen Gewinn erzielen.

Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung | 17.12.2022