
kwg-Chef sauer: Grabungen verzögern Argentum-Baustart
11. Januar – kwg Hildesheim
Von Andrea Hempen
Holle. Eigentlich hätte der Bau des Argentums im Herzen Holles schon begonnen haben sollen. Doch der Baustart verzögert sich, weil die Archäologen so viele Siedlungsspuren im Erdreich finden. Bis Ende Februar, so die Schätzung von Grabungsleiter Robert Brosch, werden die archäologischen Arbeiten sicher noch dauern. Das bedeutet für den Bauherrn, die Kreiswohnbaugesellschaft (kwg), erhebliche Mehrkosten.
kwg-Geschäftsführer Matthias Kaufmann ist sauer. Die Kreiswohnbaugesellschaft schaffe mit ihren Projekten neuen, dringend benötigten Wohnraum. Doch die Arbeit werde dem Unternehmen mit Vorgaben wie der archäologischen Untersuchung unnötig schwer gemacht. „Bei jedem Vorhaben wird ein immenser Aufwand betrieben, von dem ich nicht beurteilen kann, wie wichtig er ist“, sagt Kaufmann mit Blick auf die Grabungen. Fakt sei, dass der Aufwand sehr teuer ist. So teuer, dass das Geld für eine zusätzliche Wohneinheit reichen würde. In Holle rechnet Projektleiter Gerald Schäfer mit Zusatzkosten von 150 000 bis 200 000 Euro.
Für die Fachwelt, so Kaufmann, mögen die Funde interessant sein. Aber irgendwer müsse das schließlich bezahlen. Hinzu komme, dass die kwg als Eigentümerin des Grundstückes die Funde aufbewahren und der Öffentlichkeit zugänglich machen müsste. „Ich weiß nicht, ob sich die Landespolitik darüber im Klaren ist, was sie da anrichtet.“ Denn mit diesen Auflagen würden Bauprojekte enorm verteuert und verlangsamt. „Das versteht doch kein Bürger“, wettert Kaufmann. Seiner Ansicht nach wäre es eine Lösung, das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie aufzulösen und gleichzeitig die örtlichen Bauordnungsbehörden zu stärken.
Und so sieht das Grundstück an der Bertholdstraße in Holle wie eine einzige schlammige Fläche mit zahlreichen, rechteckig ausgehobenen Gruben aus. Die Mitarbeiter eines Cremlinger Archäologie- Unternehmens quälen sich durch den Matsch. An Gummistiefeln, Schutzhosen und den Reifen der Schubkarren pappt die schwere nasse Erde fest – Knochenarbeit für das Team. Das gräbt auch bei Dauerregen und befördert dabei hauptsächlich Erdverfärbungen zu Tage. Die Fachleute entdeckten vor allem Überreste aus dem Spätmittelalter. Dabei sei aber wenig Gegenständliches. Brosch zeigt auf die Verfärbungen in der Erde. „Dort haben wir zwei Kellergrundrisse in Richtung Straße gefunden“, sagt er. Rechteckige Erdverfärbungen und sogar Mauerreste fanden sich im Erdboden. Außerdem entdeckten die Archäologen Gruben für Abfall, einige, die zur Baulehmgewinnung dienten, und Brunnen.
„Wir haben schon 900 Bilder im Rechner. Hinzu kommen noch Zeichnungen“, erklärt Brosch. Am Ende seiner Arbeit wird ein umfangreicher Grabungsbericht stehen, mit dem die Funde für die Ewigkeit festgehalten werden.
Die Erdverfärbungen reißen Gerold Schäfer, Projektleiter bei der kwg, nicht vom Hocker. Solche Funde seien wenig greifbar. Jeder Tag, an dem in Holle nicht gebaut werden kann, kostet Geld. Da das kwg-Konzept vorsieht, die barrierefreien Wohnprojekte in Ortsmitten zu bauen, werde man es immer wieder mit archäologischen Funden zu tun haben. „Sowie wir Erdreich bewegen, müssen wir Archäologen hinzuziehen“, erklärt Schäfer. Da das Argentum-Grundstück in Holle nicht gerade ist, ist dies der Fall.
Schäfer hofft, dass in der kommenden Woche Teile des Baufelds für die Bauarbeiten freigegeben werden können. „Der Erdbauer steht schon Gewehr bei Fuß“, sagt er. Die Archäologen machen ebenfalls Druck. Seit Anfang des Jahres sind sie mit neun Kräften im Einsatz.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 11. Januar 2020