Rück­schlag für Diek­hol­zen: Kreis stoppt Bebau­ung des Klinikgeländes

Aber: Gemein­de­rat hält demons­tra­tiv an sei­nen Plä­nen fest und zieht Antrag nicht zurück

Von Tho­mas Wedig

Diek­hol­zen. Befürch­tet wur­de es in Diek­hol­zen schon län­ger, nun hat die Gemein­de Gewiss­heit: Der Land­kreis Hil­des­heim hat ange­kün­digt, die Ände­rung des Flä­chen­nut­zungs­plans für das Gelän­de der ehe­ma­li­gen Lun­gen­kli­nik am Bahn­berg in einem ent­schei­den­den Teil­be­reich nicht zu geneh­mi­gen. Seit gut fünf Jah­ren läuft die Pla­nung für künf­ti­ges Woh­nen auf dem Kli­nik­ge­län­de. Das Pro­blem: Die „Teil­ver­sa­gung“ durch den Land­kreis betrifft aus­ge­rech­net die noch nicht bebau­te Streu­obst­wie­se süd­öst­lich der alten Kran­ken­haus­ge­bäu­de und nord­öst­lich des Senio­ren­parks Hese­na – also genau die Flä­che, die noch für klas­si­sche neue Bebau­ung, zum Bei­spiel mit Ein­fa­mi­li­en­häu­sern, zur Ver­fü­gung gestan­den hätte.

Der Gemein­de­rat will an sei­nem Vor­ha­ben den­noch unver­än­dert fest­hal­ten, er gab sich ges­tern Abend kämp­fe­risch – und will das Veto des Krei­ses bewusst in Kauf neh­men: 14 Rats­mit­glie­der von SPD, CDU, Unab­hän­gi­gen und FDP stimm­ten gegen den Vor­schlag der Ver­wal­tung, die Pla­nung für den umstrit­te­nen Teil­be­reich zurück­zu­neh­men. Nur die bei­den Rats­mit­glie­der der Grü­nen stimm­ten für den Rück­zug, Bür­ger­meis­ter Mat­thi­as Blu­dau ent­hielt sich. Ursprüng­lich war ein­mal geplant, den größ­ten Teil der alten Gebäu­de abzu­rei­ßen und Platz für Neu­bau­ten zu schaf­fen. Dann war die Gemein­de Diek­hol­zen wegen erheb­li­cher Natur­schutz­be­den­ken des Land­krei­ses schon umge­schwenkt und peilt inzwi­schen an, die Bestands­ge­bäu­de doch weit­ge­hend zu erhal­ten und zu nut­zen – denn sonst wäre auch die­ser Teil wohl nicht geneh­migt wor­den. Der Hin­ter­grund: Bei einem Abriss für Neu­bau­ten wäre der vor­ge­schrie­be­ne Abstand von 35 Metern zum Wald­rand nicht ein­zu­hal­ten gewe­sen. Für die bestehen­den Gebäu­de, die zu nah am Wald ste­hen, konn­te die Gemein­de eine Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung bean­tra­gen. Nun ist das ange­kün­dig­te Aus für einen gro­ßen Teil der Rest­flä­che der nächs­te her­be Schlag, der einen Strich durch die bis­he­ri­gen Pla­nun­gen macht.

„Wird die Gemein­de jetzt über­haupt noch etwas am Bahn­berg ent­wi­ckeln?“, woll­te die frü­he­re Bür­ger­meis­te­rin Bir­git Dieck­hoff-Hübin­ger, in deren Amts­zeit die Pla­nung gestar­tet war, in der Ein­woh­ner­fra­ge­stun­de wis­sen. Das ist offen. Blu­dau wies dar­auf hin, dass die Gemein­de spä­ter einen neu­en Anlauf star­ten kann.

Die Plä­ne für das Gebiet schrumpf­ten in den ver­gan­ge­nen Jah­re immer wei­ter. Ein ers­ter Ent­wurf der kwg Kreis­wohn­bau­ge­sell­schaft sah vor fünf Jah­ren bis zu 50 Neu­bau­ten vor – damals gehör­te das Gelän­de noch dem Land­kreis. Dann nutz­te die Gemein­de ihr Vor­kaufs­recht und leg­te eine Ver­si­on vor, die eine deut­lich weni­ger dich­ter Bebau­ung mit noch 25 neu­en Häu­sern vor­sah. Im nächs­ten Ent­wurf mit neu­em Fokus auf den Erhalt der alten Gebäu­de wur­de alles noch wei­ter abge­speckt. Und nun? Bleibt für Neu­bau­ten wohl gar kein Platz mehr.

Wenn dem­nächst die Teil­ver­sa­gung aus der Kreis­ver­wal­tung im Diek­holze­ner Rat­haus ein­trifft, bleibt die Mög­lich­keit der Kla­ge. Zumin­dest recht­li­chen Bei­stand hat die Gemein­de sich schon ein­mal genommen.

„Der Land­kreis wirft uns seit Jah­ren immer neue Knüp­pel zwi­schen die Bei­ne“, kri­ti­sier­te Mar­tin Küs­ter (SPD), „ich weiß nicht, was der Kreis sich noch  aus­denkt. Er ist nur sau­er, dass wir das Grund­stück gekauft haben. Hät­te der Kreis es behal­ten kön­nen, wäre das Gelän­de längst bebaut.“ Mar­tin Völ­kel bekräf­tig­te im Namen der CDU: „Wir kön­nen die Ent­schei­dung des Land­krei­ses über­haupt nicht nach­voll­zie­hen.“ Die Gemein­de sol­le für eine Chan­ce kämp­fen, ihre Plä­ne doch noch zu ver­wirk­li­chen. Hel­mut Ber­chelm­ann (FDP) kri­ti­sier­te, dass die Kreis­ver­wal­tung ihre Beden­ken erst sehr spät vor­ge­bracht habe.

Nach Mei­nung des Land­krei­ses sind die ein­ge­reich­ten Plä­ne nicht genü­gend abge­wo­gen wor­den. Er weist dar­auf hin, dass die Streu­obst­wie­se ein über­durch­schnitt­lich bedeu­ten­des Are­al für die Tier­welt sei. Gewich­ti­ge Grün­de für eine Erwei­te­rung ihrer Wohn­bau­flä­chen habe die Gemein­de nicht dar gelegt, heißt es aus dem Kreis­haus. Das reibt den Diek­holze­n­ern nun unter die Nase, dass im Flä­chen­nut­zungs­plan noch knapp 9 Hekt­ar im Osten von Diek­hol­zen als Wohn­bau­flä­chen aus­ge­wie­sen sind – im Bereich Krä­hen­bergs­feld und Lan­ges Feld. Die habe die Gemein­de nie in Anspruch genom­men, also gebe es offen­bar gar kei­nen Bedarf. Rat und Ver­wal­tung woll­ten aller­dings bewusst auf das alte Kli­nik­ge­län­de set­zen, weil das deut­lich zen­tra­ler liegt und die im Osten vor­ge­se­he­nen Flä­chen, gut einen Kilo­me­ter vom Orts­kern ent­fernt. Die Gemein­de gab zu beden­ken, dass die Zahl der Bewer­ber am Müh­len­berg in Söh­re, wo jetzt ein Bau­ge­biet erschlos­sen wird, fünf­mal so groß wie die der Grund­stü­cke gewe­sen sei. Allein 30 Bau­wil­li­ge aus Diek­hol­zen sei­en nicht zum Zuge gekom­men sei­en. Das Argu­ment ließ der Kreis aber nicht gelten.

Kom­men­tar: Glück­wunsch, konsequent!

Das ist schon eigen­ar­tig: Die kwg, ein Toch­ter­un­ter­neh­men des Land­krei­ses Hil­des­heim, woll­te den Bahn­berg vor fünf Jah­ren gern inten­siv bebau­en, bis zu 50 Häu­ser waren geplant. Dann ver­lor der Kreis das Gelän­de an die Gemein­de Diek­hol­zen – und die ist nun mit einer viel scho­nen­de­ren Bebau­ung, die noch mehr­fach abge­speckt wur­de, geschei­tert. Es müss­te nach wie vor auch im Inter­es­se des Land­krei­ses sein, eine sinn­vol­le Nach­nut­zung für das ver­las­se­ne Kli­nik­ge­län­de zu fin­den. Doch davon ist nichts mehr zu spü­ren. Der Kreis ließ die Gemein­de lan­ge drauf­los pla­nen, schwe­re Beden­ken wur­den erst sehr spät geäu­ßert. Die fina­le Ableh­nung durch die Kreis­ver­wal­tung ist nun außer­dem auf ärger­li­che Wei­se büro­kra­tisch. Sie ver­weist auf ande­re Bau­ge­bie­te im Flä­chen­nut­zungs­plan, die wegen ihrer Rand­la­ge gar kei­ne Alter­na­ti­ve mehr sind und nicht wei­ter ver­folgt wur­den. Wenn der Kreis dar­aus den Schluss zieht, es gebe kei­nen Bedarf an Bau­plät­zen, ist das gera­de­zu zynisch. Der Rat hat ges­tern kon­se­quent gehan­delt. Glückwunsch!

Quel­le: HIl­des­hei­mer All­ge­mei­ne Zei­tung, 03.03.2023